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Flucht… und Ankommen?

Rotkreuz-Team „Migration/Integration“ organisierte Vernissage von 13 neuzugewanderten Künstlern, die Momentaufnahmen ihrer meist traumatischen Vergangenheit festhielten – Von Gewalt, Trauer, Angst, Hoffnung und Träumen – Viele Besucher im Café Henry mit dabei – Teil der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“

Euskirchen – „Als Kurde habe ich in der Türkei Rassismus erlebt, seit ich denken kann. Benachteiligung, Anfeindungen, Gewalt. So wie meine Frau und meine drei Kinder. Doch es wurde zu viel. Mein Vater ist nach einem rassistischen Angriff gestorben, weil er nichtmehr konnte. Davor wollte ich meine Familie bewahren. Deshalb musste ich meine Heimat verlassen“, erzählt Mehmet Turkan in einem Gespräch nach der Vernissage „Flucht und Ankommen“ im Café Henry (Kommerner Straße 39, 53879 Euskirchen) des DRK-Mehrgenerationenhauses.

Er ist einer von 13 neuzugewanderten Künstlerinnen und Künstlern aus Albanien, Aserbaidschan, Palästina, Syrien, der Türkei und der Ukraine, die nun im Kreis Euskirchen leben. In einem Kunstprojekt haben sie sich künstlerisch und individuell mit den Themen Flucht, Ankommen, Diskriminierung und Solidarität auseinandergesetzt.

Meist sind es ihre eigenen Geschichten, die in 16 Acrylmalereien auf Leinwand verewigt an den Wänden des Euskirchener Rotkreuz-Cafés hängen. So wie bei Mehmet Turkans zweiteiligem Werk. Persönliche Texte, im Original und übersetzt, begleiten die Kunstwerke. Wer selbst einmal einen Blick in diese alles andere als behütete Welt werfen will, kann das noch bis Mitte Mai dieses Jahres tun.

Bilder, die Bände sprechen

Weinende und rennende Menschen, die gerade ihre Lieben auf der gefährlichen Flucht verloren haben, die Leiche ihres Kindes in den Händen haltend an einem Strand mit einem kleinen gestrandeten Boot. Ein Mann, mit seinen beiden Kindern nebst allen Habseligkeiten auf den Schultern, um sie durch einen Fluss zu tragen.

„All das habe ich auf meiner 13-tägigen Flucht eins zu eins erlebt – vor rund drei Monaten…“, so Turkan, aus dem Türkischen ins Deutsche übersetzt von Nevin Sezgin, Mitarbeiterin des DRK Kreisverbands Euskirchen. Andere Bilder zeigen ähnliche Umstände: Krieg, Zerstörung, Gewalt und Trauer. Eine Malerei stellt metaphorische Hände mit Fingernägeln aus Länderflaggen dar, die Menschen mitsamt ihren Booten wieder in die lebensbedrohlichen Fluten „zurückschnippen“.

Die Stimmung ist trotz des ernsten Anlasses locker und fröhlich. Viele gut gelaunte Besucher tauschen sich rege aus, halten inne, betrachten die Gemälde, probieren die internationalen Köstlichkeiten und lachen gemeinsam.

„Rest meines Lebens dankbar“

All das im Angesicht einer traurigen Lebensrealität, die den meisten Menschen in Deutschland fremd ist. „Ich wünsche mir eine schöne Welt ohne Rassismus, in der meine Kinder friedlich aufwachsen und leben können“, so Turkan. Eine Welt also, für die sich das Rote Kreuz mit seinen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern weltweit einsetzt.

„Das Rote Kreuz hat uns gerettet, seine Hände und Herzen für uns geöffnet. Dafür werde ich für den Rest meines Lebens dankbar sein!“, resümiert Turkan und sieht dabei lächelnd seine Familie an. Sie haben es geschafft. Viele Andere nicht.

„Schonungslose Realität“

„Was wir hier zeigen, ist die schonungslose Realität. Es sind persönliche Momentaufnahmen, die Teil einer größeren Geschichte sind. Obwohl die Perspektiven und Stile dabei ganz unterschiedlich sind, erkennt man in ihnen oft dasselbe wieder. Trauer und Angst genauso wie Hoffnungen und Träume. Das war der Sinn hinter der Kunstaktion und wir sind sehr beeindruckt von den entstandenen Werken“, erklärt Thomas Weber von der DRK-Integrationsagentur, der die Aktion gemeinsam mit Sabine Heines vom DRK-Mehrgenerationenhaus und Judith Raß von der DRK-Servicestelle „Antidiskriminierungsarbeit“ ins Leben gerufen hatte.

Die Ausstellung ist Teil der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“, die noch bis Sonntag, 24. März, unter dem Motto „Menschenrechte für alle“ im ganzen Kreis Euskirchen stattfinden.

Einen künstlerischen Beitrag hat auch Kayan Mithat in Form von orientalischen Klängen des Saz, einem Saiteninstrument, mitgebracht. Gemeinsam mit Rabia Noyan singt er zu bewegenden Melodien, bevor auch die Anwesenden begeistert mitmachen, klatschen und tanzen.

„Gesellschaft den Spiegel vorhalten“

Wie Weber ausführt, hatten die Künstler das Thema selbst wählen können. Wohl ein Zeugnis dafür, wie lange Traumata und Erinnerungen die Menschen nach einer Flucht beschäftigen. Meist ein Leben lang. Hier hilft das Rote Kreuz, so gut es geht. Nicht nur, dass sie Betroffenen ihre Eindrücke nun zwanglos darstellen und der Welt mitteilen können. Das Ganze dient ebenso der Verarbeitung ihrer schlimmen Vergangenheit, auch in der Gruppe.

Auch Boris Brandhoff, Leiter des Rotkreuz-Teams „Migration/Integration“, lässt das nicht kalt: „Die Ergebnisse sind wirklich beeindruckend. Ein hohes künstlerisches Niveau, gemischt mit tiefgehenden Themen und Reflektionen, die auch unserer Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Das ist sehr wichtig.“

pp/Agentur ProfiPress

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