Gedenken erst nach 1945 massiv
Auf dem Ehrenfriedhof in Mechernich wurden ursprünglich über 80 meist zivile Opfer von Bombardements und Artilleriebeschuss in der Endphase des Zweiten Weltkriegs beigesetzt. „Manche wurden später umgebettet“, so Stadtarchivar Stephan Meyer. Andere Kriegsopfer wurden in Familiengräbern beigesetzt. Soldaten unter anderem exhumiert und auf dem Soldatenfriedhof Steinfeld bestattet. Foto: Sabine Roggendorf/ pp/Agentur ProfiPress
Alles weg am Ehrenmal im April 2017, die 70.000 Euro wertvollen Bronzetafeln waren ebenso über Nacht verschwunden wie die Namen von über 500 gefallenen Soldaten aus Mechernich. Nicht nur Dieter Cuber von der Stadtverwaltung war schockiert. Archivfoto: Renate Hollermann/pp/Agentur ProfiPress
Am vergangenen letzten Oktober-Wochenende rückten Simon Alsmann und Rainer Hück Herbstlaub und Algenbewuchs im Innenbereich des Ehrenmals mit Laubbläser und Hochdruckreiniger zu Leibe. Bis zum Volkstrauertag am 16. November 2025 soll es alles tipptopp sein. Foto: Holger Witzsche/pp/Agentur ProfiPress
Pfarrer Erik Pühringer Kirmes 2024 bei der Segnung der Kriegsgräberstätte auf dem Mechernicher Friedhof. Damals hatte er schon mal mit Firmlingen die Kreuze gesäubert. Archivfoto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Johannes Schnichels, der zuständige Fachbereichsleiter im Rathaus, zeigt wenige Tage vor dem Volkstrauertag 2017 auf die 15 neuen Eisenplatten, in die die Metallbaufirma Müller aus Hostel die Namen von 523 Mechernicher Kriegstoten gelasert hat, darunter 35 durch Recherchen nach dem Diebstahl der alten Platten neu hinzugekommene. Archivfoto: Renate Hollermann/pp/Agentur ProfiPress
Volkstrauertag 2000: Die Ansprache hielt der damalige Erste Beigeordnete Christian Baans (l.). Archivfoto: H.G. Nickolay/pp/Agentur ProfiPress
Mechernich – Bei der Fortsetzung der Kriegsgräberreinigungsaktion am Mechernicher Friedhof vergangenen Samstag setzten Rotkreuz- und Reservistenkameradschaftsmitglieder weitere Kreuze, einen zugewachsenen Gehweg und den Innenbereich des Ehrenmals an der Alten Kirche instand.
Unter der Leitung von Holger Witzsche, Oberstabsfeldwebel a.D., kamen dabei auch wieder Gerät und Spezialreinigungsmittel der örtlichen Steinmetzfirma Markus und Beate Simons zum Einsatz. Auch der städtische Bauhof Mechernich stellte den ehemaligen Soldaten und aktiven Rotkreuzlern Maschinen und Material zur Verfügung.
„Wir sind nicht ganz fertig geworden“, berichtete Witzsche dem Mechernicher „Bürgerbrief“ über die bereits am 18. Oktober begonnene Sanierung der Kriegsopfergrabstätte. Aber man werde das mit vereinten Kräften vor dem Volkstrauertag am 16. November hinbekommen, ergänzte Rotkreuz-Bereitschaftsführer Sascha Suijkerland. Dann ziehen die Mechernicher Vereine, Organisationen und Gläubigen nach dem Festgottesdienst in der neuen Kirche in Prozession zur Gedenkfeier ans Ehrenmal auf dem Johannesberg.
Arbeit kam nur langsam voran
Wie aus einer ausführlichen Stadtarchiv-Dokumentation von 1938 hervorgeht, war das Ehrenmal Ende der 1930er Jahre noch nicht vollendet. Die Arbeiten schritten nur langsam voran. Hinzu kam nach dem Zweiten Weltkrieg eine Ruhestätte für Gefallene und zivile Opfer des Krieges und des Naziregimes auf dem Gelände des Friedhofs.
Insgesamt sind auf dem Friedhof um die Alte Kirche über 3.100 Personendaten und rund 1.500 Grabstätten erfasst worden. Es zeigt, wie umfangreich der Friedhof ist und wie er in der Erinnerungskultur der Stadt eine Rolle spielt. Holger Witzsche setzt sich im ganzen Stadtgebiet für den Erhalt speziell von Soldaten- und Kriegsopfergräbern ein. Auf dem Ehrenfriedhof in Mechernich wurden ursprünglich über 80 meist zivile Opfer von Bombardements und Artilleriebeschuss beigesetzt. „Manche wurden später umgebettet“, so Stadtarchivar Stephan Meyer.
Im Frühjahr 2017 wurden die bronzenen Namens-/Gedenktafeln am Ehrenmal an der Alten Kirche in Mechernich gestohlen; das Fehlen der bronzenen Platten im Wert von 70.000 Euro wurde Anfang April 2017 publik. Die Stadt und Regionalhistoriker Peter-Lorenz Können konnten die mit den gestohlenen Tafeln verbundenen Namen weitgehend rekonstruieren – unter anderem anhand von Fotos der Ahnenforscherin und Rathausmitarbeiterin Petra Greis.
Insgesamt wird auf den 15 neuen Eisenplatten, die die Metallbaufirma Müller aus Hostel mit Lasertechnik bearbeitet hat, an 523 Kriegstote erinnert, darunter 35 durch Recherchen nach dem Diebstahl der alten Platten neu hinzugekommene.
Die Namen wurden mit computergesteuerter Lasertechnik ausgeschnitten und die Platten für eine edle Rostoptik vorbehandelt. „Die Platten auf natürliche Weise rosten zu lassen, hätte viel zu lange gedauert und unschön ausgesehen“, erläuterte bei der Wiederaufstellung vor dem Volkstrauertag 2017 Johannes Schnichels, der damals zuständige Fachbereichsleiter der Stadtverwaltung Mechernich.
Zur Geschichte des Ehrenfriedhofs an der Leichenhalle schreibt der Mechernicher Regionalhistoriker Peter-Lorenz Könen im Oktober 2017 unter der Überschrift „Stummes Zeugnis einer schrecklichen Zeit“ im „Bürgerbrief“ der Stadt: „Betrachtet man die Kreuzinschriften auf dem Ehrenfriedhof an der Leichenhalle in Mechernich, so fallen sofort die vielen weiblichen Vornamen auf.“
Und weiter: „Die Altersangaben auf den Kreuzen berichten von Menschen höheren Alters wie auch von Kindern zwischen zwei und sechzehn Jahren. Was versteckt sich hinter diesen Namen und wer waren diese Menschen?“
Ziviltote von 1944 und 1945
Es handelt sich fast ausnahmslos um Zivilopfer aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Ab 1944 gab es viele Bombenangriffe auf Mechernich, den Bergbau und die Eisenbahn. Die größten Bombardements fanden am 8. November 1944 auf die Gleisanlage, am 25. Dezember 1944 auf den Mechernicher Bahnhof und am 30. Dezember 1944 auf den Bahnhof, Peterheide und Marienau statt. Am vorletzten Kriegstag, dem 5. März 1945, wurde der heutige Kernort der Stadt Mechernich von schwerem Artilleriefeuer getroffen.
Das Kreiskrankenhaus (heutige Kreuserstift) musste aus Platzgründen die Isolationsstation räumen. Die Patienten wurden in einer neu eingerichteten Abteilung des ehemaligen Waisen- und Invalidenhauses (heutige Kreiskrankenhaus) in Mechernich, Stiftsweg, untergebracht.
„Am 8. November 1944 wurden der Stiftsweg und die Bahnstraße mit einem Bombenteppich belegt, wobei das Krankenhaus stark beschädigt wurde. Im Waisen- und Invalidenhaus zerstörte eine Bombe die Isolierstation. In der Station verstarben eine Ärztin, drei Ordensschwestern, eine Hausangestellte und 24 Patienten“, schreibt Koenen.
Aus der Liste im Stadtarchiv konnten noch namentlich elf weitere Tote im Alter von 36 bis 78 Jahren und vier Kinder im Alter von drei und vier Jahren ermittelt werden. Unter den Erwachsenen sind die drei Ordensschwestern und die Kinderärztin angegeben. Es waren größtenteils keine Mechernicher, die bei den Bombardements starben auf dem späteren Ehrenfriedhof beigesetzt wurden.
Nur drei Erwachsene kamen neben den Ordensschwestern aus dem heutigen Stadtgebiet. Der größte Teil kam aus Köln, häufig lungenkranke Patienten, die aus den Großstädten des Rheinlandes nach Mechernich gebracht wurden. Die Lungenstation zählte in der Schlussphase des Krieges 20 bis 25 Betten.
Ob es sich bei diesem Bombenangriff um einen gezielten Angriff auf das Krankenhaus und auf das Waisen- und Invalidenhaus handelte, ist zweifelhaft. Peter-Lorenz Koenen: „Eine kriegsverändernde Situation hätte die Zerstörung der beiden Häuser nicht erreichen können. Wenn es sich aber tatsächlich um einen gezielten Angriff auf die Bahngleise handelte, so war es fast unmöglich, die beiden Häuser aus der Ziellinie herauszuhalten. Man muss dabei in Betracht ziehen, dass die damaligen Bombenzielgeräte eine Ungenauigkeit von 250 - 300 m aufwiesen und bei einem Abstand von 20 bis 30 Meter zur Bahnlinie wäre es somit logisch, dass beide Häuser getroffen wurden.“
Am 25. Dezember 1944 erfolgte ein weiterer Angriff auf den Mechernicher Bahnhof. Dabei soll es vier Tote gegeben haben. Einer konnte aus der Liste und der Kreuzinschrift zugeordnet werden. „Am 30. Dezember 1944 warfen viermotorige Bomber schwere Bomben auf den Bereich Bahnhof, Peterheide und Marienau ab. Man hatte zehn Tote zu beklagen, die in der Liste nach diesem Datum nicht verzeichnet sind. Das Krankenhaus wurde bei diesem Angriff total zerstört.“
13 Kinder und Jugendliche starben
Am vorletzten Kriegstag von Mechernich, dem 5. März 1945, hatten sich einige Leute aus dem Luftschutzbunker an der Heerstraße kurz herausbegeben, als eine Artilleriegranate einschlug und viele Menschen tötete und verwundete. Die Liste gibt hier fünf Erwachsene und einen elfjährigen Jungen an, die den Tod fanden. Am 6. März marschierten die Amerikaner in Mechernich ein und beendeten die Kriegshandlungen.
Insgesamt konnten aus den Kreuzinschriften, der Liste und den entwendeten Bronzetafeln vom Ehrenmal 83 Ziviltote ermittelt werden, darunter 13 Kinder und Jugendliche im Alter von zwei bis 17 Jahren. Koenen: „Dass nicht alle Kriegsopfer auf dem Ehrenfriedhof zu finden sind, liegt daran, dass nach dem Kriege einige der Toten in ihren Heimatort umgebettet wurden und daran, dass einige Kriegstote in den Familiengräbern beigesetzt wurden.“












