Eigentlich war er gar nicht dran…
Mechernich-Floisdorf – Eigentlich war Hubert Schilles gar nicht dran, als er während der Flutkatastrophe 2021 zum Baggereinsatz an den verstopften Grundablass der Steinbachtalsperre gerufen wurde, sondern sein Zwillingsbruder Peter.
Man habe sich zufällig an der L-11-Brücke in Satzvey getroffen: „Peter hatte aber noch eine andere Arbeit zu erledigen, ich hingegen war frei, also bin ich zur Steinbach gefahren. Einen unserer Leute vorschicken, wollte ich nicht, da habe ich es selbst gemacht.“
Mit dieser Entscheidung hat der Floisdorfer Landwirt und Unternehmer Tausende und ihr Hab und Gut vor Überflutung gerettet. Nicht nur NRW-Landesinnenminister Herbert Reul war tief bewegt, als Hubert Schilles im Fernsehen und in Illustrierten mit dem Rosenkranz in der Hand gezeigt wurde, den er während seines Baggereinsatzes am Fuß des vom Durchbruch bedrohten Staudamms betete.
Am Sonntag ist Hubert Schilles im Kreis seiner Familie verstorben. Im Januar wäre er 71 Jahre alt geworden. Seine sterblichen Überreste sollen am Samstag auf dem Floisdorfer Friedhof beigesetzt werden. Die Aufbahrung erfolgt am Samstag ab 10 Uhr auf dem Firmengelände, Zülpicher Straße 12, ab 10.30 Uhr Prozession zur Kirche St. Pankratius, wo um 11 Uhr die Exequien gehalten werden.
„Landwirt mit Leib und Seele“
In einer ersten Reaktion äußerte sich Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zum Tod seines Berufskollegen, Freunds und Weggefährten: „Hubert Schilles war ein erfolgreicher Unternehmer, Landwirt mit Leib und Seele und ein tiefgläubiger Mann mit hoher sozialer Kompetenz.“
Landesinnenminister Herbert Reul, der Hubert Schilles erstmals auf dem Damm der Steinbachtalsperre traf, besuchte ihn ein Jahr später auf dem gemeinsamen Bauernhof und Betriebsgelände von Hubert und Peter Schilles in Floisdorf, um „Danke“ zu sagen. Nachdem er sie zunächst abgelehnt hatte, bekam der bescheidene Retter von der Steinbachtalsperre („Das hätte jeder gemacht“) später auch noch die Rettungsmedaille des Landes aus der Hand von Ministerpräsident Hendrik Wüst.
„Solche Zeugen braucht die Kirche“, schrieb der Mechernicher Diakon und Redakteur Manfred Lang in einem Bericht für die Aachener „KirchenZeitung“. Selbst der berühmte Buchautor und Pater Anselm Grün schickte aus Münsterschwarzach eine Grußadresse an den bekennenden und praktizierenden Christen aus Floisdorf in der Eifel, aus der auch Anselm Grüns Mutter stammt (Dahlem).
Hubert Schilles sagte dem Mechernicher „Bürgerbrief“ seinerzeit, das Freilegen des verstopften Grundablasses mit dem Bagger sei für ihn ein „kalkulierbares Risiko“ gewesen, er habe sich nicht absichtlich in Lebensgefahr gebracht, auch wenn das im Nachhinein von den Medien anders geschildert worden sei.
Gottvertrauen und Gebet
Richtig sei allerdings sein lebenslanges Gottvertrauen und die Zuversicht im Gebet auch in dieser heiklen Situation gewesen, sagte der bekennende Katholik im Interview. Deshalb habe er auch vor laufenden Fernsehkameras und fragenden Reportern freimütig sein Gottvertrauen dargelegt und seinen Rosenkranz vorgezeigt, den er immer bei sich trägt.
Beten gelernt hatte Hubert Schilles zu diesem Zeitpunkt längst. Als er 49 Jahre alt war, wurde bei ihm ein Krebsleiden diagnostiziert. Der Arzt gab ihm noch eine Lebensperspektive von einem halben Jahr. „21 Jahre sind daraus geworden“, so Dr. Hans-Peter Schick. Er war auch beim Ministerbesuch einer der wenigen eingeladenen Gäste, die Dr. Peter Kramp, der frühere Smurfit-Kappa-Chef und Freund der Gebrüder Schilles, 2022 arrangiert hatte.
Der Ton des Treffens war herzlich und verbindlich. Am Besprechungstisch des gemeinsamen Büros von Peter und Hubert Schilles unter dem Dach war eine bescheidene Kaffeetafel gedeckt, es gab „Reemchestaat“, einen Ausdruck und Kuchen, den der Minister von seinem aus der Aachener Ecke stammenden Vater kannte. Und eine Spezialabfüllung „Sieger Korn“ aus Zülpich.
„Auch viel Glück gehabt…“
Hubert Schilles bekannte dem Minister dabei auch, eigentlich habe sein Zwillingsbruder Peter den Grundablass an der Steinbach freilegen sollen. Und: „Man hatte auch andere Bauunternehmen gefragt, die näher dran waren. Alle haben sie abgewunken…“
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick berichtete Herbert Reul, wie die Gebrüder Schilles im Alter von 14 Jahren ihren Vater verloren und die elterliche Landwirtschaft fortführten und nach und nach zu einem Unternehmen mit heute 60 Mitarbeitern ausbauten. „Die Landwirtschaft mache ich weiter, so lange ich lebe“, so Hubert Schilles, „das haben wir damals unserer Mutter versprochen!“
Auf die eigene Lebensleistung und die seines Bruders und der ganzen Familie angesprochen, sagte Hubert Schilles: „Wir haben auch viel Glück gehabt“. „Und Tag und Nacht dafür gearbeitet“, ergänzte Peter Kramp. Die Gesellschaft brauche mehr solche Leistungsträger, doch Hubert Schilles blieb beim Reul-Besuch hartnäckig bescheiden: „Es gibt notorische Arbeitsverweigerer, aber auch eine Menge Leute, die hat das Leben schlichtweg abgeschossen…“